Gemüseanbau unterm Dom

Gemüseanbau unterm Dom

Eine Reportage aus Niedersachsens Gemüsehochburg Bardowick
aus der Reihe “Lokaltermin” auf NDRInfo, 2002

Dies ist meine zweite Bardowick-Sendung, ausgestrahlt zu Erntedank 2002 auf NDR Info. Die Erste verfasste ich 1988 zusammen mit dem NDR-Kollegen Wolfgang Kresse für die Hamburg-Welle (wir hatten damals noch 70 Minuten netto Wort). 14 Jahre später, 2002, war Bardowick, Jahrhunderte lang Hamburgs wichtigster Gemüsegarten, noch mehr vergessen als schon 1988. Dabei ist allein der Erntedank-Umzug in Norddeutschlands ältestem Gemüsebau-gebiet schon eine Reise wert.

Die originellen Wagen geben u.a. Auskunft über die jeweils aktuellen Sorgen, aber auch über die umfangreiche Geschichte. Mehr als 1.200 Jahre reicht sie zurück und teilt sich in eine Zeit als bedeutender Handelsplatz, bis zur Zerstörung 1189, und die Zeit danach als Gemüsegarten Hamburgs. Auch in der Sendung für NDR Info (von knapp 30 Min.) spielen Ernte und ErntehelferInnen eine Rolle, außerdem der mittlerweile beachtliche Maschinenpark. Große Maschinen gibt es nicht nur für`s Feld, sondern auch dem Hof. Eine Anlage für die Vermarktung kann schon mal eine extra Halle benötigen. Und der Einfluss von Supermärkten und Discountern geht weiter, bis hinein in die Wochenendgestaltung.

Aber nun erst mal viel Spaß beim Ernte-Dank-Umzug.

Nachbetrachtung

Angesichts der veränderten Rahmenbedingungen ist der dramatische Rückgang von Bardowicks Gemüsebaubetrieben von noch 90 im Jahr 1990 auf lediglich 38 im Jahr der zweiten Sendung nicht verwunderlich. Ehrlich gesagt war der Rückgang damals für mich ein Schock und Auslöser für ehrenamtlich organisierte Regionalessen an verschiedenen Orten. (Als Freie Journalistin konnte ich mir so was eigentlich nicht leisten. Aber ich tat es trotz-dem.) Sie blieben wirkungslos. Und der Rückgang war damals nicht zu Ende, auch nicht in anderen Gemüsebaugebieten wie Glückstadt oder bei uns in Hamburg.

In der jüngeren Sendung musste aus Zeitgründen das Stichwort „Zippelhaus” leider fehlen. In unmittelbarer Nähe zur Kirche St. Katharinen gelegen war das „Zippelhaus” (Zwiebelhaus) über Jahrhunderte Unterkunft für die jungen Bardowickerinnen und Lagerort für ihr Gemüse. Schwer bepackt mit einem Gemüsekorb auf dem Kopf und einem am Arm zogen die jungen Frauen durch die Straßen und Twieten des damaligen Hamburg, bis sie ihre Ware verkauft hatten. Nachschub kam per Schiff, über die Ilmenau, die Elbe und schließlich die Fleete. Das letzte Gemüseschiff aus Bardowick, deutlich größer als ein Ewer, sondern schon ein kleines Binnenschiff, hieß übrigens Catharina.

Es wäre schön, wenn diese Verbindung zwischen Hamburg und Bardowick wieder sichtbar gemacht würde. Ein Anlass lässt sich sicher finden. Ich habe es bisher nicht geschafft.


Die breiten Gänge unter dem Hamburger Großmarkt (Baujahr 1962) tragen Namen:

Altländer Gang, Bardowicker, Dithmarscher, Finkenwerder Gang, Glückstädter Gang, Vierländer, Wilhelmsburger und Winsener Gang (hab ich einen vergessen?).

Nur mal so als Hinweis: DAS war die Region, aus der Hamburg sein Obst und Gemüse bezog, nur ergänzt durch ein paar Extras von weit her.